
Der Spagat gelang
Die zehnten Klassen des Kusterdinger Firstwald-Gymnasiums ließen mit einem szenischen Theaterstück die Grenzöffnung lebendig werden.
Das Licht in der Aula des Kusterdinger Firstwald-Gymnasiums geht aus. Nur ein Spotlight erhellt die beiden Zehntklässlerinnen Antonia Schneider und Chiara Faust, die am Kopfende der Aula stehen. Die Schülerinnen und Schüler sämtlicher Klassen sitzen vor ihnen im Dunkeln auf dem Fußboden. „30 Jahre Mauerfall – was für eine Mauer ist da eigentlich gefallen? Und was hat das mit mir zu tun?", fragt Chiara Faust in die stille Aula hinein.
Gestammel von Schabowski
Still ist es dann auch während des ganzen szenischen Theaterstücks geblieben, das die beiden zehnten Klassen zum Mauerfall entwickelt und gestern aufgeführt haben. Chiara und Antonia sorgten dabei für den historischen Rahmen: Als Moderatorinnen gaben sie einen kurzen Abriss zur Entstehungsgeschichte der beiden deutschen Staaten bis hin zur Vereinigung im Jahr 1990.
Eindringlich, prägnant formuliert – ernst, aber ohne Pathos – nahmen sie ihre Mitschüler mit auf die historische Reise. Die Herausforderung bestand darin, dass sowohl Fünftklässler im Publikum saßen, denen die Zeit des Mauerfalls noch kein Begriff ist, als auch Schülerinnen und Schüler der Oberstufe, die sich auskannten.
Der Spagat gelang den darstellenden Zehntklässlern, da immer wieder gespielte Szenen die Inhalte von Chiara und Antonia aufgriffen: Das Spotlight wanderte von den beiden quer durch die Aula von einer Mini-Bühne zur anderen und erweckte zentrale Themen zum Leben: So etwa die Szene, in der das Gestammel von SED-Politbüromitglied Günter Schabowski – „Das trifft nach meiner Kenntnis ... ist das sofort, unverzüglich" – zur Öffnung der Mauer führte. In einer weiteren Szene hält ein Reporter den Teilnehmern einer Montagsdemonstration sein Mikrofon unter die Nase, einige rufen „Wir wollen raus!", andere schreien: „Wir bleiben hier!"
Der DDR-Rundfunk-Reporter alias Zehntklässler Clemens Böbel hatte zu Beginn des Mauerfall-Projekts „nicht so viel Lust", sich auf das Thema einzulassen. „Aber dann habe ich gemerkt, dass das ziemlich interessant ist, und dann hat es relativ viel Spaß gemacht."
Thema war für Zehntklässler neu
So sei es vielen ergangen, auch ihr selbst, sagt Moderatorin Antonia. Das Thema war für die Zehntklässler neu, je näher und intensiver sie sich jedoch damit beschäftigten, desto spannender wurde es für sie. „Die vielen verschiedenen Szenen machen das Geschehen sehr lebhaft, wir konnten uns gut in die Menschen einfinden", sagt Antonia. „Und auch den Jüngeren können wir die Geschichte des Mauerfalls so nahebringen."
Initiiert haben das fächerübergreifende Projekt die beiden Geschichtslehrer Silke Fischer und David Krause sowie die Referendarin Verena Dillmann. Unterstützt wurden sie von der Theaterpädagogin Laura Hermenau, die gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern an dem Stück gefeilt hat. Spätestens ab dem Moment, als die Ideen für die einzelnen Szenen geboren waren, haben sich die Schüler für das Projekt begeistert, so Verena Dillmann.
„Die Gedenktags-Kultur ist im Firstwald-Gymnasium fest verankert", hebt Silke Fischer hervor. Die Schüler seien damit vertraut, zu Gedenktagen Projekte zu entwickeln und sie ihren Mitschülern vorzuführen.
Sigrid Wenzel (Tagblatt vom 19.11.2019); Bild: Ulrich Metz